Immer tiefer – die Weser vor dem Kollaps

Der Eindruck der Unterweser täuscht. Der Strom macht mit seinen Inseln, Watten und Stränden zwar einen weitgehend natürlichen Eindruck, ähnelt in der Realität aber tatsächlich eher einem Seeschifffahrtskanal.
Der bis heute größte Eingriff erfolgte Ende des 19. Jahrhunderts mit der Wesserkorrektion. Um der Versandung des Stromes einhalt zu gebieten wurde der Fluss begradigt und befestigt, Nebenarme gekappt und Inseln mit dem Festland verbunden. Zusätzlich wurde die Unterweser, bis Bremen, auf 5m Tiefe ausgebaggert. Um den bis heute andauernden Wachstum der Schiffe zu folgen, wurde die Fahhrinne in der Weser immer weiter vertieft. Inzwischen ist der Hafen von Brake, an der Unterweser, bereits für Schiffe mit einem maximalen Tiefgang von 11,9m erreichbar – doch das ist noch nicht das Ende. Die weitere Vertiefung des Stroms ist bereits in Planung. Im nächsten Schritt soll es noch einmal 90cm weiter nach unten gehen. Die Folgen sind unabsehbar.

Erst vor wenigen Tagen blockierte ein querstehener Riesenfrachter im Suez-Kanal den Welthandel. Gleichzeitig unterstützt der auch der Magistrat in Bremerhaven die weitere Vertiefung der Unterweser zu einem Schifffahrtskanal. Einem Ausbau, welcher die Seestadt in wirtschaftlicher Hinsicht, nicht nur überhaupt nicht betrifft – sondern vor allem der Futtermittelindustrie, der industriellen Landwirtschaft und – Massentierhaltung nützt. Die weitere Schädigung der ohnehin bereits naturfernen Weser, die fortwährende und unübersehbare, schleichende Zerstörung der wenigen noch naturnahen Uferbereiche muss endlich enden. Eine weitere Überdüngung von Feldern, Gewässer und unseres Trinkwassers wird billigend in Kauf genommen und sogar unterstützt. Gleiches gilt auch für den Raubbau an den Urwäldern der Tropen die Anbauflächen für Tiernahrung weichen müssen. Zu allem überfluss werden Bemühungen zu Renaturierungen und der Ausbau des Hochwasserschutzes konterkariert.

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3 Antworten auf „Immer tiefer – die Weser vor dem Kollaps

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  1. Danke für diese klaren Worte. Es ist einfach verrückt, was wir alles rund um die Welt transportieren. Auch wird oft argumentiert, dass gewisse Produkte eben weit weg viel nachhaliger produziert werden können. Das heutige Ausmass ist jedoch extrem zerstörerisch: Vertiefen der Wasserwege, Lärm für Meerestiere, Gewässerverschmutzung, Bau von Häfen, Strassen, Pneuabrieb, Luftverschmutzung, Lärm, Gesundheitsschädigung usw. usw. usw. Der Elbe geht es nicht besser. Und plötzlich steht alles still, etwa Stau wegen Corona, Stau am Suezkanal … wann werden wir endlich lernen? Wann werden wir aufhören, immer Gigantischeres anzugehen?

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    1. Als Bewohner einer Stadt, die am Tropf der Schifffahrt hängt, kann ich natürlich schlecht sagen, dass es verrückt ist alles um die Welt zu transportieren. Das würde schlichtweg das Ende dieser Stadt bedeuten. Dennoch, es gibt Grenzen. Grenzen in der Größe der Schiffe und in den transportierten Mengen. Vor allem aber kommt es darauf an WAS transportiert wird und wohin.
      Wofür brauchen wir Häfen im Binnenland, deren Zuwegung immer tiefer und tiefer gebaggert werden muss? Vor allem wenn es weiter flussaufwärts bereits einen Hafen mit entrechendem Tiefgang gibt? Natürlich werden das Menschen aus Brake anders sehen – der Fluss, die Menschen am Strom und die ihn bewohnenden Tiere und Pflanzen, im, auf und am Wasser sicher nicht. Das zusätzlich noch um den größten Umschlagplatz für Futtermittel in der EU handelt ist ein weiterer Punkt. Ganz abgesehen von den Konsequenzen für die Masttiere – unsere Böden sind am Ende, das Nitratgehalt im Trinkwasser steigt. Badestrände werden wegen Kolibakterien im Wasser gesperrt während auf dem Feld daneben Gülle aufgetragen wird. Die Ursachen werden lang und breit gesucht, sind aber längst bekannt.
      Wir brauchen Grenzen, wir brauchen Wirtschaft und Natur. Das muss im Einklang stehen. Da müssen wir hinkommen.

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  2. Warst du auch am Mittwoch dort? Der Parkplatz am Strandcafe war übervoll, wir sind bald wieder in unseren stilleren Wald geflohen. Früher war Harriersand mal ein einsames Paradies. Meine verstorbene Tante Mimi sagte schon immer „Früher war alles besser“ –
    Dir ein frohes Osterfest – wir retten die Welt nicht mehr.
    LG
    MAren

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