Wandern: Über den Ghiacciao dei Forni zum Rifugio Cesare Branca (1)

Unser heutiger Ausgangspunkt liegt auf der Südseite der Ortler Alpen, in der Lombardei – also außerhalb Südtirols.  Wir starten am Parkplatz am Rifugio Ghiacciao dei Forni (2.140m) wandern Talaufwärts bis zum Gletschertor des gleichnamigen und flächengrößten Gletschers Italiens (ca. 2.580m), weiter zum Rifugio Cesare Branca (2.493) und vor dort aus zurück zum Start.

Die Wanderung beginnt im Grünen. Das Fornital (Valle die Forni) ist üppig bewachsen, trotz Dürre fließen, „dank“ der schmelzenden Gletscher und der Gewitter der Vortage, überall Rinsale und Bäche. Aufgrund der zentralalpinen Lage um dem dadurch bedingten, vergleichsweise mildem Klima, wachsen Bäume bis in Höhen von fast 2.400m. Das Tal der Frodolfo gleicht an diesem trüben Morgen einem kleinen Paradies – wären da nicht die dicken Wolken. Wir sind aber guter Hoffnung, dass sich das noch ändert.

Vom Talboden zum Talschluss

Wir folgen zunächst gut einen halben Kilometer der Straße und biegen dann, vor dem kleinen Stausee, rechts ab und überqueren den Bach. Der folgende Weg führt uns in eine Lärchen und Zirbenwald dessen Reihen sich im weiteren, leicht ansteigenden Wegverlauf immer weiter lichten.
Schon seit dem Parkplatz befinden wir uns, unsichtbar, im einstigen Gletschervorfeld des Fornigletschers (Ghiacciao die Forni). Vor gut 150 Jahren erreichte das Eis noch den Parkplatz, heute ist davon nichts mehr zu sehen. Leugner des Klimawandels bemerken gerne, dass da wo heute Eis ist, früher Wälder wuchsen. Der Satz stammt aus alten Lehrbüchern und spricht die Wahrheit –  doch der Wald ist nach dem Abschmelzen der Eismassen längst zurückgekehrt.

Aufstieg zum Talschluss

Nach gut zwei Kilometern überqueren wir die 2.300m Marke und erreichen damit die Kampfzone der Bäume. Von Wald kann längst keine Rede mehr sein, gleichzeitig nimmt der Grünanteil allgemein ab während der der Felsen und des Gerölls zunimmt. Der Weg wird  noch einmal steiler, auf dem nächsten Kilometer Strecke überwinden wir 200 Höhenmeter, die Baumgrenze und stehen nach etwas Kraxelei oberhalb des Talschlusses (2.550m). Dort legen wir eine Pause ein. Vor uns liegt jetzt das vegetationsfreie Vorfeld der Fornigletschers. Gleichzeitig lösen sich die Wolken auf. Die Sonne hat für heute den Kampf gegen die Wolken gewonnen.

Zum Gletschertor

Das Vorfeld der Ghiacciao dei Forni oberhalb der Steilstufe ist erst in den letzten 20 Jahren eisfrei geworden. Innerhalb dieses Zeitraums hat sich die Schmelzgeschwindigkeit verfielfacht. Das Gletscherende liegt inzwischen fast einen halben Kilometer dahinter, in einer flachen, sandigen Schwemmebene – und ein Ende des Rückzuges ist nicht absehbar. Vermutlich wird der Fornigletscher noch in diesem Jahrhundert vollständig verschwinden.

Gewaltiger Ausblick: Die Westliche Zunge des Fornigletschers. Traurige Tatsache: Noch vor wenigen Jahren vereinigten sich alle drei Gletscherzunge zu einem einzigen mächtigen Eisstrom. Dieser ist heute bereits Geschichte. In wenigen Jahrzehnten wird wohl auch das letzte Eis geschmolzen sein.

Noch vor wenigen Jahren vereinigten sich die heutigen drei Gletscherzungen zu einem einzigen, möchtigen Eisstrom mit zwei markanten Mittelmoränen. Diesen gibt es nicht mehr. Der Gletscher ist zerfallen, die Zungen enden jetzt selbständig. Die Seitenarme erreichen den Hauptstrom nicht mehr. Während der westliche Gletscherarm gar nicht mehr zu sehen ist, endet der östliche drohend – aber imposant oberhalb einer Steilstufe. Der zentrale Gletscherteil hängt noch mit der zusehends zerfallenden Gletscherzunge zusammen.

Der Schwund ist unüberseebar, vor dem schuttbedeckten Gletschertor liegt ein kleiner See. Trotz allem, die Gletscherzunge des Ghiacciaio dei Forni ist noch immer gewaltig und ein beeindruckendes Naturschauspiel.

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