In der Sommersaison sind sie wieder in aller Munde, in Bremerhaven liegt fast jeden Tag mindestens eines an der Columbuskaje. Die Rede ist von Kreuzfahrtschiffen, den weißen Riesen der Meere. Erst am vergangenen Sonntag konnten wir vom Lohmanndeich aus beobachten, wie „Mein Schiff 5“, mit theatralischer Musikbegleitung, in See stach.
Riesig sind aber nicht nur die Dimensionen der schwimmenden Hotels, auch ihr Ausstoß an schädlichen Stickoxiden und Feinstäuben ist gewaltig. Vom CO2 Ausstoß ganz zu schweigen. Doch die Kreuzfahrtindustrie einfach zu verfluchen wäre zu einfach. Wo aber liegt der Gewinn für Bremerhaven? Gibt es überhaupt einen? Eine Kosten-Nutzen Bilanz ist in jedem Fall schwer zu ermitteln – der Schadstoffausstoß in in jedem Fall schon einmal ein gewaltiges Laster.
Was bringt Bremerhaven die Kreuzfahrtindustrie?
Zunächst einmal bringt das Kreuzfahrtterminal, das Columbus Cruise Center, Bremerhaven in den Fokus. Trotz der schlechten Umweltbilanz überwiegt die gute Presse – der anhaltende Kreuzfahrtboom zeigt dies eindrücklich. Mehr als 250.000 Passagiere werden 2019 in Bremerhaven abgefertigt, ein Rekord. Doch wie viel Geld lassen die Kreuzfahrer eigentlich in der Seestadt?
Rund 15 Millionen Euro sollen Schiffe und Urlauber laut einer Erhebung im Jahr 2018 in Bremerhaven gelassen haben. Ein Tagesgast lässt durchschnittlich knapp 11€ in der Stadt. In Summe – reichlich wenig wie ich finde. Positive Presse und Gäste, die nur oder auch zum Schiffe gucken in die Seestadt kommen lassen sich nicht in Geld messen, aber auch dadurch wird etwas hängen bleiben. Dennoch, zumindest der finanzielle Nutzen und auch die Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze halten sich wohl in Grenzen.
Was kostet das Kreuzfahrtterminal?
Den Einnahmen stehen erhebliche Kosten gegenüber. Die Columbuskaje muss dringend saniert werden, außerdem soll ein neuer Cruise Tower errichtet werden. Über 100 Millionen Euro soll das ganze kosten. Bei jährlichen Einnahmen von 15 Millionen Euro, abzüglich der laufenden Kosten, eine gewaltige Investition. Allerdings wird die Kaje nicht ausschließlich von Kreuzfahrtschiffen genutzt. Ob das Geld für die Sanierung so jemals wieder eingespielt werden kann, ist fraglich. Aber, immerhin wurde Bremerhaven bislang nicht von Kreuzfahrtgästen überflutet. Die Seestadt ist vor allem Start- und Ziel von Kreuzfahrten, überwiegend kein touristisches Tagesziel.
Erschreckende Umweltbilanz
Die mittel- und langfristigen Folgen für die Umwelt lassen sich nur schwer beziffern. Aufgrund der Lage Bremerhavens an der Außenweser und der Nordsee, der vorherrschenden Winde dürfte der Schaden durch Feinstaub und Stickoxide zumindest gering sein. Das in anderen Häfen ein größeres Problem. Der langfristige Schaden am Klima ist nicht zu bemessen. Ich vermute aber einfach mal, dass die Klimabilanz eines Kreuzfahrtschiffes besser ist, als 2500 Personen die irgendwo in den Urlaub fliegen.
Ich muss zugeben, meine Meinung ist nicht eindeutig. Ich bin kein Kreuzfahrer, kann mich der Faszination dieser schiffer aber nicht völlig verschließen. Auch sollte eine Stadt wie Bremerhaven, die am Tropf der Seefahrt hängt, überhaupt deshalb existiert, den Teufel tun und diese verteufeln.
Sicher ist, die Umweltbilanz der schwimmenden Städte muss schnellstmöglichst verbessert werden – und zwar in erheblichen Ausmaß. Das mindeste wäre, die Schiffe in den Häfen zu einer Landstromnutzung zu zwingen. Wie seht ihr das?
siehe auch:
externe Verweise:
- NWZ Online – Daumen Hoch für Sanierung der Columbuskaje
- Nord24 – Kreuzfahrttouristen geben weniger aus als sie könnten
- Nord24 – Neuer Cruise Tower
- NABU – Kreuzfahrtranking 2018
Ich liebe die See und die Schifffahrt, aber dieses Überangebot an Kreuzfahrern macht mir zu schaffen. Nicht nur die Umweltbelastung sondern auch die Menschen selbst. Wenn in einer Kleinstadt wie Warnemünde (knapp 6.000 Einwohner) zwei Kreuzfahrer mit gut 8.000 Menschen einfallen, das ist nicht schön. Eigene Erfahrung! Zum anderen verlieren die Geschäftsleute mehr als sie gewinnen, nach meiner Meinung geben die wenigsten Fahrgäste etwas aus und die „normalen“ Gäste meiden die Orte.
Ist mit Sicherheit nicht objektiv, aber so empfinde ich.
Lieben Gruß, Ewald
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Ich gebe dir absolut recht, dass hinsichtlich der Emissionen etwas getan werden muss. Denn der Boom bei Kreuzfahrten ebbt in absehbarer Zeit sicherlich nicht ab.
Speziell und besonders schnell muss auch etwas passieren, wenn es um die Regelungen in den dauerbesuchten Häfen und um die Gesundheit der dort lebenden Bevölkerung geht. Das gilt auch für Bremerhaven, selbst wenn es saisonale Schwankungen in der Häufigkeit des Anlegens gibt.
Es ist ja generell schwer verständlich, warum auch jetzt immer noch neue Schiffe für Kreuzfahrten in Betrieb genommen werden, die als Treibstoff weiterhin das extem umweltbelastende Schweröl verwenden. Wenn unter über 300 großen Kreuzfahrern vom NABU 76 auf ihre Emissionen hin untersucht werden und von diesen nur ein einziges dabei ist, welches schon mit LNG (Flüssiggas) betrieben wird und daher positiv auffällt, ist das Resultat umwelttechnisch gesehen insgesamt natürlich mager.
Wenn man aber zusätzlich betrachtet, dass Kreuzfahrtschiffe etwa 40 % der Zeit in den Häfen liegen und dort die Energieversorgung (der Bedarf einer Kleinstadt) für den gesamten Ablauf an Bord über die bordeigene Dieselversorgung (immerhin im Hafen nicht via Schweröl) läuft, dann erahnt man die Dimensionen der Abgasbelastung. Man hat das mal gemessen (NABU) und festgestellt, dass es selbst die Werte, die sonst in der Großstadt an vielbefahrenen Straßen erreicht werden, um das 50- bis 80-fache übersteigt. Greenpeace rechnet mit 50.000 vorzeitigen Todesfällen durch den gesundheitsschädigenden Schadstoffausstoß.
Also klar erforderlich sind weitaus strengere Vorschriften. Auf See – und ganz besonders in den Häfen! Und dazu gehört das von dir genannte Muss bezüglich Versorgung mit Landstrom. Wenn jetzt noch entsprechend schnell der Bau oder Ausbau von Landstromanlagen vorankommen würde, wäre das schon die halbe Miete.
LG Michèle
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