Ein Highlight der Schweiztour, der Weg zum Steingletscher. Sie ist eine zwar eine nur kurze dafür aber extrem eindrückliche Wanderung durch eine junge, noch vor kurzem eisbedeckte Landschaft. Der Bereich unmittelbar vor der Gletscherzunge ist erst seit wenigen Tagen eisfrei und wurde vielleicht noch nie von einem Menschen betreten. Die Wanderung ist gleichzeitig auch eine kleine Zeitreise. Ein intensives und einmaliges Erlebnis. Mit der Beschreibung solcher tue ich mich immer etwas schwer, ich hoffe es ist mir gelungen.
Da das Ganze doch etwas ausführlicher geworden ist, gibt es zwei Teile: Hier nun Teil 1 – Zum Steingletscher.
Zum „ewigen Eis“ – solange es noch da ist

Noch vor 10 Jahren konnte man mit dem Auto bis fast an den Eisrand fahren. Der Weg zum Gletschertor führte über eine flache Schotterebene, immer am Bach entlang. Seitdem ist viel passiert. Das Gletscherende hat sich in kürzester Zeit, in nur 10 Jahren, um 700m zurückgezogen.
Der Steingletscher hat aber nicht nur an Länge verloren, der Eisrand hat sich auch in höheres, unzugänglicheres Gelände zurückgezogen. Lag das Gletschertor einst noch auf 1.940m, unmittelbar vor dem Steinsee, liegt es inzwischen 300m höher – in der vertikalen wohlbemerkt. Das Gletscherende „ruht“ derzeit hinter einem steilen, glattpolierten und daher kaum begehbaren Felsriegel.
Von der Sustenpasstraße zum Steinsee

Meine Wanderung beginnt am Parkplatz vor dem Hotel Steingletscher, in einer Kehre der Sustenpassstraße auf 1.860m Höhe. Von hier aus folge ich der leicht ansteigenden und gut ausgebauten Mautstraße, die einst zum Gletscherskigebiet am Steinlimigletscher führte. Schnell erreiche ich die Endmoräne aus der kleinen Eiszeit (Gesamtweg 0,2km, Höhe 1.880m), hier endete der Gletscher um 1850. Anschließend quere ich das Steinwasser, den Gletscherbach und biege links auf den Wanderweg zum Steinsee ab. Nach einem kurzen Steiltück stehe ich am Ufer des Steinsees und der Moräne von 1920 (0,7km/1.950m). Dieser Wall aus Schutt und Geröll staut den, türkisblauen, mit Gletschermilch gefüllten Steinsee. Noch 1990 reichte die Gletscherzunge bis zum See und kalbte kleine Eisberge. Ich folge dem nun flachen Weg bis ans Ende des Sees und biege dann rechts ab und steige wieder zur Straße auf (1,6km/1.990m)
Grüne Oase inmitten von Fels und Geröll

Schließlich erreiche ich nach 2 Kilometern einen Parkplatz am Rand einer großen, sumpfingen Schwemmlandebene (2,4km/ 2.040m). Der hier weit verzweigte und stark maändrierende Gletscherbach hat hier Sand- und Kiesbänke angehäuft, die langsam von der Vegetation erobert werden. Eine grüne Oase inmitten von Fels und Geröll. Hier verlasse ich die Straße und biege nach links ab. Hoch über mir, am Ende der Felswand, liegt die Abbruchkante der östlichen Gletscherzunge des Steingletschers mit bizarren Eisformationen.

Aufstieg zum Seitenmoräne
Nach flachen 200m biege ich links in einen wenig begangenen Trampelpfad ab, der sich an vielen Stellen kaum von der Umgebung abhebt und manchmal schwer zu finden ist. Hier beginnt der eigentliche Anstieg zu Steingletscher.
Vom Weg abkommen ist mit eingeplant, denn auf Karten existiert er nicht. Ist der Weg zunächst noch bequem zu gehen, steigt er schnell merklich an. Die Landschaft wird rauher, das Grün weniger. Aufgrund vom losem Schotter komme ich oft nur mühsam vorran. Manchmal muss ich mir, mangels Weg, einen eigenen suchen. Schließlich erreiche ich die Seitenmoräne des Steingletschers (3,1km/2.110m). Der Blick öffnet sich auf den Steinsee, einem weiter oberhalb gelegenen, weiteren kleinen See und das fast unbewachsene, ehemalige Gletscherbett. Ich bin völlig allein in der Natur – mit dem Wind und der Landschaft.

Details aus dem vorhergenenden Panoramabild:
Über den Felsriegel zum Steingletscher
Jetzt wird es wirklich anstrengend. Obwohl nur noch ein kurzer Weg vor mir liegt, zieht sich die Strecke. Über losen Moränenschutt geht es mal steil bergauf, mal teil bergab, zwei Schritte vor, einen zurück. Trittsicherheit ist erforderlich. Manchmal muss ich die Hände zu Hilfe nehmen und ab und zu höre ich ein Murmentier pfeifen. Schließlich liegt der letzte Felsriegel vor mir. Hinter diesen hat sich die Zunge des Steingletschers in den letzten Jahren zurückgezogen – erstmal, denn der Rückgang geht weiter (3,3km/2.150m). Zum losen Schutt gesellt sich nun auch immer öfter, blanker, glattpolierter Fels – ich stehe nun fast am Eisrand (3,5km/2.220m).
Vom Felsriegel aus ist zum ersten mal die Zunge des Steingletschers zu sehen. Durch den Klimawandel zieht sich der Gletscher aber nicht nur zurück, er wird auch dünner. Vor mir liegt eine Mulde. Kaum 100m trennen mich noch vom Gletschertor und dem kleinen Eisrandsee. 100 anstrengende Meter – 25m Abstieg über blanken, glatten Gletscherschliff, Schotter und teilweise auch plattigen Schutt. Hier heißt es geduld bewahren und vorsichtig sein. Auf zum Eisrand.

siehe auch:
Verweise:
- Steingletscher auch gletscher-online (extern)