Der Rhonegletscher im Klimawandel

Der Rhonegletscher ist durch seine einfache Erreichbarkeit, unmittelbar an der Furkapassstraße, seiner Eisgrotte, als Ursprungort der Rhone einer der bekanntesten Gletscher der Schweiz. Ganz nebenbei ist er auch einer der größten in den Alpen überhaupt. Auch als Gegenstand der Forschungsgeschichte, insbesondere der Glaziologie, ist der Rhonegletscher schon seit dem 19. Jahrhundert von großer Bedeutung – was sich bis heute nicht geändert hat.
Heute ist der Rhonegletscher, wie alle Eisfelder der Alpen, vom klimawandelbedingten, weltweiten Gletscherschwund, besonders betroffen, droht bis zum Ende des 21. Jahrhunderts gänzlich abzuschmelzen.

#Gletscherzunge Rhonegletscher Eisformationen September 2019
Die von tiefen Gletscherspalten und Schmelzwasserbächen durchzogene Oberfläche des Rhonegletschers. Noch ist das Eis in Bewegung. Der Gletscher lebt.

Der Rhonegletscher in Zahlen

Der Rhonegletscher liegt am Südwestrand der Urner Alpen im Osten des Wallis. Er ist südexponiert und hat seinen Ursprung am Dammastock (3.630m). Von dort aus fließt er nach Süden und bildet eine derzeit 8 Kilometer lange und bis zu 2 Kilometer breite Gletscherzunge. Das Eis ist stellenweise über 300m dick.
Sein Gletscherende kalbt derzeit in einen jungen Gletscherrandsee auf 2.200m Seehöhe. Die vergletscherte Fläche, unter Einbeziehung aller, einstmals den Gletscher speisenden Eisfelder, beträgt, Stand 20101), etwa 16,1 km². Die Zusammenhängende Fläche des Hauptstroms ist noch 15,2km² groß, Stand 20182).

#Rhonegletscher Zunge Eisgrotte
Die vergleichsweise unspektakuläre, fast Moränenfreie Gletscherzunge des Rhonegletschers. Im Vordergrund der neuentstandene Gletschersee mit kleineren Eisbergen. Unter den großflächigen, weißen Plastikplanen verbirgt sich die Eisgrotte, die so vor dem Abschmelzen bewahrt werden soll.

Gletscherschwankungen

Fotovergleich 1770-2019

Der Rhonegletscher in der Kleinen Eiszeit

In der sogenannten „Kleinen Eiszeit“, zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert, erreichte der Rhonegletscher, wie fast alle anderen Alpengletscher, seinen nacheiszeitlichen Maximalstand.
Damals endete die Gletscherzunge noch unmittelbar am Ort Gletsch, im sogenannten Gletschboden, unterhalb der Baumgrenze, auf 1.760m Seehöhe. Seine größte Ausdehung erreichte das Eis um 1613, weitere Gletschervorstöße mit ähnlichen Dimensionen lassen sich, dank deutlich sichtbarer Moränenwälle, für die Jahre 1818 und 1856 belegen. Anschließend begann sich die Gletscherzunge zurückzuziehen.

#Endmoränen Gletschboden Rhonegletscher
Die halbmondförmigen Endmoränen des Rhonegletschers im Gletschboden. Einst reichte das Eis bis ins Zentrum von Gletsch. Der Maximalstand von 1603 wurde bei späteren Wiedervorstößen nicht mehr erreicht. Der letzte große Gletschervorstoß endete im Jahr 1856. Seit den 1950er Jahren ist der Gletschboden eisfrei.

Fotovergleich 1890-2019

Der Rhonegletscher im 20. Jahrhundert

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lag das Gletscherende am Fuß der Steilstufe, am Ende des Gletschbodens. Bis 1920 rückte der Rhonegletscher noch einmal um 100m vor, anschließend folgte eine lange Rückzugsphase. Etwa in den 1940er Jahren zog sich das Zungenende die Steilstufe zurück.
Schließlich stabilisierte sich der Rhonegletscher ab etwa 1965 oberhalb der Steilstufe, kurzzeitig rückte die Gletscherzunge in den 1980er Jahren sogar etwas vor, bevor sie bis zur Jahrtausendwende etwa ihre Position beibehielt.

21. Jahrhundert – Ein neuer Gletschersee

#Rhonegletscher Gletschersee Panorama
Panoramaaufnahme des neuen Gletschersees. Links der Ausfluss und Ursprung der Rhone, rechts die Zunge des Rhonegletschers mit der weißen Abdeckung oberhalb der  der Eisgrotte.

Ab dem Jahr 2010 begann sich der Gletscher, unter großem Massenverlust, wieder zurückzuziehen. Dabei begann sich ein Proglazialer See zu bilden, der Rhonesee, in welchen die Gletscherzunge kalbt und kleine Eisberge bildet.
Dieser See vergrößert sich von Jahr zu Jahr und besitzt inzwischen eine Fläche von Mehr als 10 Hektar bei einer Wassertiefe von über 40m.

Größe des Proglazialen Sees:

  • 2004 0,7 Hektar
  • 2010 4,0 Hektar
  • 2013 7,8 Hektar
  • 2017 9,9 Hektar
#Moränen Rhonegletscher Gletschersee Eisdicke 2019
Auch ohne Eis lässt sich das Abschmelzen anhand von Moränen recht einfach veranschaulichen. Rechnet man die Wassertiefe des Sees Hinzu sind seit 1850 bis 1985 rund 100m Eis abgeschmolzen, von 1985 bis heute weitere 80m. Die Gletscherschmelze hat sich wesentlich beschleunigt.

Seit 2010 hat sich der Rhonegletscher um über 200m verkürzt und hat massiv an Dicke verloren. In starken Schwundjahren beträgt der Eisdickenverlust im Zungenbereich mehrere Meter. Bis zum Ende des Jahrunderts könnte der Rhonegletscher vollkommen abgeschmolzen sein.

Der Rhonegletscher im Jahr 2019

Der Rhonegletscher am 4.September 2019 auf einer Aufnahme des Satelliten Sentinel 2. Gut 2/3 des Gletschers sind blank, ausgeapert und praktisch schneefrei. Die Massenbilanz ist stark negativ.  Deutlich zu erkennen sind der neue Gletschersee und der abgedeckte Bereich um die Eisgrotte (untere Bildmitte). Rot gestrichelt die Schneegrenze bzw. die Gleichgewichtslinie, weiß der Eisrand um 1856.


siehe auch:


Verweise:


Quellen:

Gletscherinventare:
1)Schweizer Gletscherinventar 1973: Müller, F., Caflisch, T. & Müller, G. 1976, Firn und Eis der Schweizer Alpen (Gletscherinventar). Publ. Nr. 57/57a. Geographisches Institut, ETH Zürich, 2 Vols. & Maisch, M., Wipf, A., Denneler, B., Battaglia, J. & Benz, C. 2000, Die Gletscher der Schweizer Alpen: Gletscherhochstand 1850, Aktuelle Vergletscherung, Gletscherschwund-Szenarien. (Schlussbericht NFP 31). 2. Auflage. vdf Hochschulverlag an der ETH Zürich, 373 pp. & Paul, F. 2004, The new Swiss glacier inventory 2000 – application of remote sensing and GIS. PhD Thesis, Department of Geography, University of Zurich, Schriftenreihe Physische Geographie, 52, 210 pp.
2) Volumen: GLAMOS (2018). Swiss Glacier Volume Change, release 2018, Glacier Monitoring Switzerland, doi:10.18750/volumechange.2018.r2018. https://www.glamos.ch/downloads#tab-volumen

8 Antworten auf „Der Rhonegletscher im Klimawandel

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    1. Ja, das geht mir genauso. Im Grunde genommen regt mich eigentlich nichts mehr auf. Bei den sogenannten „Leugnern“ kommen dann noch eine ganze Palette andere Dinge hinzu…

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  1. Lieber Christian
    Sehr interessant, was du alles über unsere Gletscher schreibst. Und die wunderbaren Bilder! Es ist höchste Zeit, dass unsere PolitikerInnen handeln. Für die Gletscher ist es vielleicht schon zu spät. Schade! Deine Bilder als Erinnerung?
    Grüsse aus der Schweiz
    Heidi

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    1. Schnee und Eis, die Berge und insbesondere Gletscher haben mich einfach in ihren Bann gezogen. Traurig, dass nur noch so wenig davon übrig ist, von Jahr zu Jahr weniger.
      Ich hoffe sehr das die Poltik handelt, setze mich auch selbst dafür ein. Leider drehen sich viele Rädchen nur langsam. Zu langsam für die Gletscher.
      Die Bilder sollen einerseits Erinnerung, andererseits auch Mahnung sein. Je mehr man darauf Aufmerksam macht, desto eher passiert etwas – so hoffe ich.
      Ich schreibe natürlich nicht nur über die Schweizer Gletscher, den ein oder anderen Beitrag habe ich auch schon über die Gletscher im Nachbarland verfasst ;-). Die „Gletscher“ in Deutschland sind leider kaum mehr der Rede wert.

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  2. Ich kann nicht guten Gewissens auf das „gefällt mir“ klicken, obwohl der Beitrag super ist. Aber damit würde ich irgendwie auch das Gletscherschmelzen „gut heißen“ und deswegen gibt’s nur einen Kommentar.
    Toller Beitrag und tolle Bilder – auch wenn die Sache an sich super traurig ist.

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  3. Kann, oder will sich keiner erinnern, das es mal eine EISZEIT gab, und die Erde sich so entwickelt hat wie sie heute ist? Der Mensch kann zwar etwas dazu beitragen das es gemildert wird, aber irgendeiner lenkt unser Schicksal

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    1. Die Eiszeit wird im Beitrag erwähnt. Die Erinnerung ist anscheinend also vorhanden. Natürlich entwickelt sich die Erde, sonst wäre sie ja eine andere oder?
      Der Mensch kann natürlich etwas dazu beitragen, ansonsten sähe die Erde anders aus – man schaue sich nur Deutschland an. Ein Land das vollständig vom Menschen umgeformt wurde – da war keine höhere Macht im Spiel. Wir haben das Antlitz dieses Planeten vollkommen verändert.

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