Wattwanderung nach Neuwerk

Es ist vielleicht das Highlight der Region. Deutschlandweit, ja vielleicht weltweit gibt es kaum vergleichbares: Das Erwandern einer Insel über den trockengefallenen Meeresboden bei Niedrigwasser. Zu Fuß nach Neuwerk durch das Unesco Weltnaturerbe Wattenmeer in der Nordsee. Die grüne Insel liegt ca. 10 Kilometer nordwestlich der Niedersächsischen Nordseeküste, in der Elbmündung bei Cuxhaven-Sahlenburg, gehört aber selbst zum Bundesland Freie- und Hansestadt Hamburg. Zum einem gelungenen Sommerurlaub in Cuxhaven oder der Wurster Nordseeküste gehört die Wattwanderung nach Neuwerk einfach dazu. Anbei teile ich meine Erfahrungen.

Zur Fuß zur Insel Neuwerk

Welche Wege gibt es zur Insel Neuwerk?

Es gibt zwei Möglichkeiten zur Insel Neuwerk zu gelangen. Bei Niedrigwasser bzw. Ebbe durch das Watt sowie bei Hochwasser mit der Fähre über die Nordsee. Variante eins bietet drei Optionen: zu Fuß, mit dem Wattwagen oder auf dem Rücken eines Pferdes. Der eindrucksvollste ist ganz sicher der Fußweg.
Ausgangspunkte für die Wattwanderung nach Neuwerk sind die Strände von Cuxhaven-Sahlenburg und -Duhnen. Der kürzere- und Hauptweg beginnt am Sahlenburger Strand und misst etwa 10 Kilometer. Der Wattenweg von Duhnen zur Insel ist etwa 2,5 Kilometer länger. Dafür entfällt die Querung des Priels „Sahlenburger Loch“. Mehr dazu später.

Strandkörbe am Sandstrand von Cuxhaven Sahlenburg an der Nordseeküste.
Der Sahlenburger Strand. Der Startpunkt des Wattenwegs von Festland zur Insel Neuwerk.

Welcher  Fußweg zur Insel ist der schönste?

Grundsätzlich kann ich beide Varianten empfehlen. Der Wattwanderweg von Duhnen ist etwas länger und unspektakulärer, lediglich ein Zubringer zur Hauptroute, die von Sahlenburg nach Neuwerk führt. Im Folgenden geht es daher auch um diesen, kürzeren, meiner Meinung nach auch schöneren Weg.

Von Sahlenburg nach Neuwerk

Der Strand von Sahlenburg ist der Ausgangspunkt des Hauptweges nach Neuwerk. Von hier aus wird die Insel auch, mit Hilfe von Wattwagen, teils auch mittels Traktoren samt Anhänger, mit allem Nötigen versorgt – Lebensmitteln, Getränken usw.
Der eigentliche Wattenweg beginnt am nördlichen Ende des Sandstrandes und ist durch Pricken, in den Wattboden gestecktes Reisig, zu erkennen. Dank der Markierung ist die Strecke nicht zu verfehlen. Vor Antritt der Wattwanderung sind jetzt noch einige Fragen zu klären.

Wann ist der Beste Zeitpunkt für eine Wanderung nach Neuwerk?

Temperatur- und lichtbedingt ist das Sommerhalbjahr die beste Zeit für eine Wanderung nach Neuwerk, insbesondere die Monate Mai-September.
Wichtiger als das Wetter und die Temperaturen sind aber die Gezeiten, Ebbe und Flut. Ein ungeschriebenes Gesetzt sagt, dass der letzte Priel vor Neuwerk mit Eintritt des Niedrigwassers überquert sein sollte. Da die Flut nicht gleichmäßig aufläuft, zuerst in die Priele strömt, und sich dann von dort aus ausbreitet, läuft man sonst Gefahr vom Wasser eingeschlossen- vom Land abgeschnitten zu werden. Was eben noch ein kleines Rinnsal war schwillt schnell zu einem breiten Fluss mit unüberwindbarer Strömung an.
Deshalb ist es äußerst wichtig nicht wesentlich später als drei Stunden nach Hochwasser zur Insel Neuwerk aufzubrechen.  Leider hält sich nicht jeder an diese einfachen Regeln. Jedes Jahr muss die DLRG leichtsinnige Wattwanderer vor der auflaufenden Flut retten.

Wie weit ist es bis Neuwerk? Wie lange brauche ich zur Insel?

Von Sahlenburger Strand bis zum Fähranleger auf Neuwerk sind es auf direktem Weg  fast genau 10 Kilometer.  Ein zügiger Läufer benötigt also etwa zwei Stunden bis zur Insel. Da aber vor allem der Weg das Ziel ist, sollte mindestens eine Stunde mehr einkalkuliert werden.

Barfuß oder mit Schuhen? Was brauche ich Unterwegs?

Generell sind feste Schuhe für den Wattenweg sehr empfehlenswert. Die Steine an der Furt des Sahlenburger Lochs sind scharfkantig und rutschig. Auch das queren von Muschelfeldern, die auch in im Wasser tiefere Prielen auftreten können, ist Barfuß sehr unangenehm . Solange man sich aber auf dem ausgesteckten Weg hält möglich. Barfuss ist aber der Wattenweg von Duhnen die bessere Wahl. Generell ist wattandern ohne Schuhe zwar schöner, alte Sneaker mit Socken haben sich für mich aber als perfekt erwiesen. In Wasserschuhen habe ich mir hingegen die Füße aufgescheuert.
Selbstredend gibt es unterwegs keine Einkaufsmöglichkeiten. Wer noch einmal aufs Örtchen muss sollte das spätestens am Strand erledigen. Getränke gehören definitiv in den Rucksack!  Auch Sonnenschutz ist mangels Schatten zu empfehlen.

Wattführer ja oder nein?

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Sogenannte Pricken markieren den Wattenweg.

Braucht man für den Weg einen Wattführer? Ich beantworte diese Frage mal mit nein. Ein Führer ist eigentlich nicht erforderlich. Der gesamte Weg, von Sahlenburg bis zur Insel Neuwerk ist mit Pricken ausgesteckt. Verlaufen kann man sich dort nicht. Hält man sich zusätzlich an die oben grob beschriebenen Regeln hält ist man auf der sicheren Seite. Eine geführte Wanderung schadet aber nicht. Die Kosten halten sich in Grenzen und gerade für Familien mit Kindern sowie Erstteilnehmern sind die Erläuterungen zum Wattenmeer durchaus interessant. Allerdings – oft sind  die Gruppen groß, man geht immer im Pulk und verliert auch einen Teil des Erlebnisses. Zur Ferienzeit ist der Wattenweg aber sowieso sehr stark begangen, teils kommt man sich vor wie auf einer Völkerwanderung.

Unterwegs nach Neuwerk

Sahlenburger Loch

Erstes Hindernis auf dem Weg zur Insel Neuwerk ist das sogenannte Sahlenburger Loch. Ein großer Priel knapp einen Kilometer vor der Küste. Dieser hat sich in der letzten Dekade bedeutend vergößert und vertief – was wohl auch auf menschliches zutun zurückzzuführen ist. Die Querung des Sahlenburger Lochs ist mit einer Steinschüttung gesichert. Vor allem damit Wattwagen hier einfacher passieren können. Diese fahren auch außerhalb der der Wattwanderzeiten wenn der Priel ohne diese künstliche Furt bereits zu tief wäre. Für Fußgänger ist er es dann bereits. Auf dem Weg zur Insel führt der Priel noch recht viel Wasser da die Ebbe bis zum Niedrigwasser noch 2-3 Stunden anhält, die Strämung ist stark.  Neben der Furt ist das Wasser dann mindestens brusttief.

Video: Querung des Sahlenburger Lochs

Auf dem Weg von Neuwerk zum Festland kann das Sahlenburger Loch dagegen fast trockenen Fußes, auch abseits der Steinschüttung, passiert werden. Der Zeitpunkt des absoluten Niedrigwassers ist dann bereits erreicht.

Muschelbänke und Austern

Hinter dem Sahlenburger Loch folgen einige größere Muschelbänke.  Die Pazifische Felsenauster breitet sich im Wattenmeer rasant aus. Auch die Schalen der Sandklaffmuschel, teils kaum sichtbar aufrecht im Boden stehend, sind für nackte Füße keine Wohltat. Hier kann man sich mit nackten Füßen sehr leicht Schnittverletzungen zuziehen. Generell ist das Watt zwischen Sahlenburg und Neuwerk aber gut begehbar. Meist überwiegt festes, sandiges Mischwatt. Es gilt aber auch kurze Schlick- und Sandwattstücke zu queren. Insbesondere auf der Hälfte der Strecke.

Duhner Loch

Hinter dem Sahlenburger Loch folgt das sogenannte Deutsche Eck, die Kreuzung der Wattenwege von von Sahlenburg bzw. Duhnen nach und von Neuwerk. Anschließend folgt eine weitere Prielquerung, die des Duhner Lochs. Hier kommt es in letzter Zeit (Stand Juli 2018) aufgrund des immer tiefer werdenden Wassers .


Aktuell Juli 2018: Das (neue) Duhner Loch


#Prielquerung Duhner Loch Juli 2018
Das Duhner Loch ist ein schmaler, gerade einmal 50m breiter, eigentlich unscheinbarer Priel. In den vergangenen Jahren hat er sich aber bedeutend vertieft. Trocken bleibt hier niemand mehr!

Zwischen Sahlenburg und Neuwerk befinden sich insgesamt 3 Fluchttürme. Sollte man doch einmal von der Flut überrascht werden kann man sich in diese Flüchten und Hilfe rufen. Hält man sich jedoch an die Tide und bleibt in der Nähe des ausgesteckten Weges ist die Wattüberquerung einfach und erfordert auch keinen Führer. Weiterhin ist die Route, gerade in den Sommermonaten, vielbegangen. Zu Ferienzeiten teilweise sogar richtig voll. Trotzdem müssen immer wieder übermütige aus dem Wasser gezogen werden

Ab ca. der Hälfte des quert der Wattenweg den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer und zwar die Ruhezone 1. In diesem Bereich ist das verlassen des Weges nicht gestattet.

Wie komme ich zurück zum Festland?

Bei einem Tagesausflug zur Insel Neuwerk ist der Rückweg, der Tide wegen, praktisch nur per Schiff möglich. Lediglich an wenigen Sommertagen im Jahr erlaubt die Tageslänge, zusammen mit einer seltenen, günstigen Lage der Gezeiten auch den Rückweg durch das Wattenmeer.  Dies hat aber zur Folge, dass man am frühen Morgen zur Insel aufbrechen muss und erst am Abend den Rückweg antreten kann. Die allermeisten werden also mit dem Schiff zum Festland zurückkehren.

Durch ihre Lage am Watt, haben weder Sahlenburg, noch Duhnen und Döse, einen Fährhafen. Deshalb pendelt das Schiff zwischen Neuwerk und Cuxhaven. Da die Fährverbindung tideabhängig ist, ist pro Tag oft nur eine Fahrt möglich. Deshalb ist es in der Hauptsaison unbedingt empfehlenwert sich die Tickets für die Überfahrt im vorraus zu kaufen, zumindest aber zu reservieren.
Die Überfahrt von Neuwerk nach Cuxhaven dauert etwa 90 Minuten und kostet 20€ (Stand 2017), von Cuxhaven nach Sahlenburg/Duhnen geht es mit dem Sonderbus weiter, Kostenpunkt 2,80€ (Stand 2017). Insgesamt sollten für Fähre & Bus gute 2 Stunden einkalkuliert werden.


Wichtige Wegmarken:

  • 1,4km Sahlenburger Loch (Priel), im Bereich der Steischüttung bis zu knietief, starke Strömung.
  • 2,4km Abzweig Einmündung des Wattenwegs von Duhnen
  • 2,6km Duhner Loch (Priel), bei normalem Wasserstand hüfttief
  • 2,7 Rettungsturm 5
  • 4,0km Landesgrenze Niedersachsen/Freie Hansestadt Hamburg und Rettungsturm
  • 4,5km Querung Weser-Elbe Schiffahrtsweg
  • 4,8km Rettungsturm 7
  • 8,8km Neuwerker Deich
  • 10,2km Fährhafen, Anleger Neuwerk

siehe auch:


20 Antworten auf „Wattwanderung nach Neuwerk

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  1. Danke für die Karte!

    Falls möglich könntest du ja noch einen GPX File hochladen. Du scheinst da ja öfter unterwegs zu sein und könntest dann einfach den Tracker mal mitlaufen lassen (z.B. gpsies – App für Android).

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    1. Tatsächlich bin ich dort öfters unterwegs, meistens allerdings nicht bis nach Neuwerk.
      Einen Tracker habe ich bisher noch nicht mitlaufen lassen. Der Weg variiert ohnehin von Jahr zu Jahr ein wenig und ich laufe, zumindest in der Nähe des Festlands, nie wirklich auf dem markierten Weg.

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  2. Sehr informativ mit tollen Bildern. Ich war per Wattwagen auf Neuwerk. Mit mir viele, viele Menschen, Trecker etc., Ich hatte den Eindruck auf einer Hauptverkehrsstraße unterwegs zu sein 😉

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  3. Ich finde es immer wieder total lustig, dass man von Cuxhaven aus in gut drei Stunden nach „Hamburg-Mitte“ laufen kann, denn zu dem Hamburger Bezirk gehört Neuwerk…
    Und von „meiner“ Bank auf dem Deich von Spieka-Neufeld kann ich mühelos bis Hamburg gucken… wer kann schon aus mehr als 150 km Entfernung Hamburg so klar sehen, wenn er nicht gerade im Flieger sitze…? 🙂

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    1. Das finde ich auch immer wieder bemerkenswert und irgendwie bizarr. Eigebtlich wollte Hamburg damals auf Neuwerk einen Tiefwasserhafen bauen, das ist inzwischen Vergangenheit. Jetzt ist das ganze Nationalpark.
      150km sind es übrigens nicht, das funktioniert nicht wegen der Erdkrümmung ;-).

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  4. Na, ich sitze auf meiner Bank und sehe das eigentlich in 150 km Entfernung liegende Hamburg-Mitte doch ganz genau…. eben auf Neuwerk… 😉

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