Auf der Suche nach dem Winter: Eine Woche im Kühtai

Wir schreiben das Jahr 2024. Dieser Winter gewährt uns einen Blick in die Zukunft. Schon vor vielen Jahren wurde prognostiziert, dass Wintersportregionen unterhalb von 1.500m bis zum Jahr 2030 nicht mehr schneesicher sein werden. Unsere Welt scheint ihnen leider vorauszueilen. Deutschland ist bis in die Hochlagen der Mittelgebirge schneefrei. Auch in den Alpen muss man schon im Hochwinter noch hinaus um den Winter zu finden. Mancherorts helfen selbst Schneekanonen nicht mehr weiter. Eine nicht mehr so schöne neue Welt für den Wintersport und Menschen die ihn lieben – so wie mich.

Skiurlaub – nur wo ist der Schnee?

Schon länger stand für uns fest, dass es in diesem Winter wieder in den Schnee und die großen Berge gehen sollte. Die Buchung blieb lange aus. Frühlingshafte Temperaturen und weiße, matschige Schneebänder schreckten uns ab. Selbst nordseitig liegt in den Ostalpen erst ab 1.600m Schnee, erst oberhalb von 2.000m ist die Schneelage gut, in diesem Winter sogar überdurchschnittlich gut. Wir müssen also in die Höhe. Nach längerer Suche fanden wir eine Unterkunft im Kühtai.

Wer Schnee will muss in die Höhe

Kühtai heißt so viel wie Kuhtal und ist heute eine kleine Retortensiedlung an der Passhöhe des Kühtaisattels in den Stubaier Alpen in Tirol, 2.020m hoch gelegen. Kein Dorf zum flanieren, kein Supermarkt, keine wummernden Après Ski Bässe – dafür aber reichlich Naturschnee und schneebedeckte Berge – perfekt. Bereits gleich nach der Ankunft macht uns die Abendstimmung Lust auf den ersten Skitag.

Skigebiet Kühtai

Rund um das Hoteldorf ziehen sechs Sesselbahnen, drei Schlepplifte und eine Gondelbahn bis auf knapp über 2.500m Höhe. Sie bilden ein, für Tiroler Verhältnisse eher kleines Skigebiet – was die Massen meist fern hält. Nur am Wochenende macht sich die Nähe zu Innsbruck bemerkbar.
Die längste Abfahrt führt von der Bergstation der Hochalterbahn (2.520m) zur Talstation der Kaiserbahn (1.940m) und ist etwa drei Kilometer lang. Kühtai kein Skigebiet für blutige Anfänger. Abseits der kurzen Skischulhänge weist jede Abfahrt mindestens ein schwieriges, dunkelrotes Pistenstück auf, das an anderen Orten auch schwarz markiert sein könnte.

Grundsätzlich sind die Abfahrten auf beiden Talseiten zweigeteilt. In der oberen Etage finden sich kuppierte, breite Genußabfahrten. Dann folgt einen Geländekante, die Pisten verengen etwas und führen in meist kanonenrohrartigen Rinnen zurück zur Passhöhe. Davon abweichend verfügt die Abfahrt an der Drei-Seen-Bahn über einen überaus breiten Steilhang, der Alpenrosenlift über eine perfekte Carvingautobahn, die vormittags aber meist durch Rennfahrer belegt war.

Sonne satt auf griffigen Pisten

Die ersten beiden Skitage boten traumhaftes Wetter und griffigen Altschnee. Hauptbeschäftigungsanlagen sind daher die Lifte mit den schönsten Pisten: an der Kaiser- und Hochalterbahn auf der Sonnenseite, sowie der Drei-Seen-Bahn auf der Nordseite. Die kurzen, engen und steilen Pisten an Gaiskogel- und Wiesbergbahn eigneten sich als zwischenzeitliche, sportliche Herausforderungen. Lediglich an der Hohen Mut Bahn kam keine Freude auf, die Pisten sind im oberen Steilhang abgerutscht und eisig. Während die Schlusshänge auf den Südhängen am Mittag aufweichten und sich enige Sulzbuckel bildeten, blieb der Schnee auf den Nordhängen ganztags griffig. Entsprechend gut frequentiert waren die Pisten an der Drei-Seen-Bahn.

Neuschnee und ein besonderes Erlebnis

Zur Wochenmitte zogen Wolken auf, Abends begann es zu schneien. So stark, das unser abendlicher Ausflug in die Längenfelder Therme, der Aqua Dome, schon auf den Rampen der Passtraße ein jähes Ende fand – Touristen eben. Zuhause lachen wir über verirrte Wattwanderer, in den Bergen wagen wir uns ohne Schneeketten im Schneesturm auf einen Pass. Erst mit dem Taxi kamen wir im dichten Schneetreiben und bis zu 50m Neuschnee zurück ins Kühtai – vielen Dank an den Fahrer!
Auch am nächsten Tag hielt der Schneefall an. Nun rächt sich die Lage von Kühtai. Im baumfreien Gelände fehlt die Orientierung- Dank tiefer Wolken glichen manche Abfahrten einem Blindflug – und das ist ganz und gar nicht mein Fall. Nur ganz unten ging es gut – aber schon für den nächsten Tag war Besserung angekündigt.

Traumskitage bei Neuschnee und Sonnenschein

Am nächsten Morgen waren die Wolken verflogen. Bereits zum Frühstück lachte die Sonne von einem makellos blauen Himmel. Traumwetter. Über Nacht hatte es noch einen Hauch auf die präparierten Pisten geschneit. Kaiserwetter und glitzernder Neuschnee – Skifahrerherz was willst du mehr?

Von der Unterkunft fuhren wir zur Kaiserbahn hinunter und dann ab auf den Berg. Erst Vorfreude, dann Genuß. Besonders die Pisten an der Kaiserbahn und am Hochhalter hielten unsere Laune auf Höchstand. Daran konnte auch die zunehmende Buckelbildung, es dauert eben eine gewisse Zeit bis sich Neu- und Altschnee verbinden, nichts ändern. Ab dem Nachmittag wurden dann die sonnseitigen Steilhänge zur sportlichen Herausforderung. Wenn die kräftige Märzsonne senkrecht auf die Hänge scheint, kann auch die Höhe den Schnee nicht mehr vom nasswerden abhalten.

Der Wettergott war uns hold, denn die Schneeverhältnisse hielten auch an den Folgetagen ihr hohes Niveau. Bei etwas kühlerem Wetter blieben der Schnee sogar ganztags pulvrig-griffig, sagenhaftes Skifahren wie aus dem Bilderbuch.

Den letzten Skitag verbrachten wir in Hochoetz, dass sich mit Kühtai einen gemeinsamen Skipass teilt und in einer guten Viertelstunde per Skibus erreichbar ist. Mehr dazu aber an anderer Stelle.

Rückblick

Das Skigebiet Kühtai ist im Vergleich zu seinen Nachbarn im Ötztal eher klein, für eine ganze Woche eigentlich zu klein. Da wir zum ersten Mal im Skigebiet waren kam aber bis zum letzten Tag keine Langeweile auf – dafür gibt es ja den gemeinsamen Skipass mit Hochoetz. Mit der Kombination beider Skigebiete kann man hier einen schönen Urlaub verbringen. Dazu kommt, Kühtai ist nicht Sölden oder Obergurgl. Die Massen steuern andere Skigebiete an. Wir hatten deshalb immer genug Platz auf den Pisten und die Wartezeiten an den Liften waren entweder nicht vorhanden oder kurz. Wir hatten einen tollen Skiurlaub.

Die Preisschraube hat in den vergangenen Jahren merklich angezogen. Ein großer Grund ist der Klimawandel. Schlechte- oder gar keine Schneeverhältnisse in vielen Skigebieten sind bereits die Gegenwart. Der Markt regelt das schon, Angebot und Nachfrage. Zweiteres wird bald ersteres übersteigen, fürs Skifahren wird ein immer dickeres Portmonaie nötig. Den einstigen Breitensport können immer weniger Menschen bezahlen.

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