Es ist eine nicht enden wollenden Geschichte, die Tragödie um die Seute-Deern. Erst hat es an Bord gebrannt, ein paar Monate später ist der baufällige Museumsfrachter auch noch gesunken. Seitdem hat der Kahn die Seestadt fest im Griff. Eine Hiobsbotschaft jagd die nächste, Tag für Tag verbrennt das Wrack Steuergelder. Schon länger steht fest, die Seute-Deern ist nicht mehr zu retten doch bis heute „schwimmt“ sie, unterstützt vom Pumpen, im Alten Hafen. Doch was verbindet die angeblich so traditionsreiche Seute-Deern und Bremerhaven? Ist das Schiff wirklich das Wahrzeichen der Seestadt? Was ist die Erhaltung desgrößten noch erhaltenen, hölzernen Frachtseglers wert? Eine Chronologie der Ereignisse rund um ein nie rentabel zu betreibendes, von Beginn an marodes Schiff.

Stapelauf in den Vereingten Staaten
Kaum zu glauben, aber die Seute-Deern ist nur wenig älter als 100 Jahre. Erst 1919 lief die das Schiff als „Elisabeth Bandi“ auf der Gulfport-Werft im US-Bundestaat Mississippi vom Stapel. Ein Viermast-Gaffelschiner, aus dem Holz der Sumpf-Kiefer, ohne Kupferbeschlag. Schon früh zeigten sich erste Probleme. Durch den sich verziehenden Rumpf und Schiffsbohrwurmfraß wurde das Schiff undicht, musste nach jeder Fahrt repariert werden.
Beginn einer Odyssee und Dienst im Holzgeschäft
Schon 1925 wechselte das Schiff zu ersten Mal den Besitzer, transportierte fortan unter US-Flagge Holz in Neuengland. Sechs Jahre später, 1931 erwarb es ein finnischer Reeder der es als „Bandi“ ebenfalls im Holzhandel einsetzte – positive Nebenwirkung – das kühle, salzarme Ostseewasser stoppte zunächst den Wurm- und Muschelfraß.
Bereits 1935 wechselt das Schiff erneut den Besitzer, doch schon drei Jahre später findet sich keine kostendeckende Ladung mehr.

Die Seute Deern erstmals in Deutschland
Der Hamburger Reeder John T. Essberger holt den Kahn 1938 erstmals nach Deutschland und ließ den Frachter bei Blohm + Voss generalüberholen und zu einer Bark umbauen. Bis Mitte 1939 entstand ein runderneuertes Schiff – unter anderem mit der großen Galionsfigur, der Seute-Deern. Als frachtfahrendes Ausbildungsschiff überstand der Frachter den Zweiten Weltkrieg. Bei Kriegsende lag sie in Lübeck.
Ende der Seefahrerei und Umbau zum Hotelschiff
1946 wurde die Seute-Deern nach Travemünde geschleppt und in der Schlichting-Werft zum Hotelschiff umgebaut – nach nur 27 Jahren aktiver Seefahrt.
Ein Jahr später liegt die Seute-Deern als Hotel- und Restaurantschiff im Hamburger Hafen. Doch wie schon in ihrer Vergangenheit als Frachtschiff, das Glück währt nicht lang. Der Betrieb der Bark war unrentabel. Schon 1954 wechselt die Seute-Deernn abermals den Eigentümer. Die Odyssee geht weiter. Das Schiff geht unter dem Namen „Pieter A. Koerts“ als schwimmende Jugendherberge ins niederländische Delfzijl, doch auch hier ließ sich kein Geld verdienen.

Umbau zur Gaststätte und erneute Probleme
1964 ging der Frachter wieder als Seute-Deern nach Deutschland. Die Bark sollte in Emden zur Gaststätte umgebaut werden. Doch das Schiff war wieder undicht geworden und sank – womit der Umbau vorerst hinfällig wurde. Ein Jahr später wurde die Seute-Deern von einem Helgoländer Kaufmann erworben, gehoben und schließlich doch zur Gaststätte umgebaut. Anschließend kam sie zu ihrem finalen Liegeplatz im Alten Hafen von Bremerhaven.
1972 kam die Seute-Deern schließlich zu ihrem letzten Besitzer. Die ging als Gründungsgeschenk von der Stadt Bremerhaven in den Bestand des Deutschen Schifffahrtsmuseums über, diente aber weiter als Restaurantschiff. Dazu wurde sie erneut überholt. Schon damals drang Wasser in das Schiff ein, 1978 etwa 600 Liter Pro Tag. Aus Geldmangel wurden nur die nötigsten Reperaturen durchgeführt, Pumpen erledigten den Rest.

Der Anfang vom Ende
Zur Erhaltung der Seute-Deern waren immer wieder umfangreiche Umbauarbeiten nötig. Zuletzt lag das Schiff Anfang des neuen Jahrtausends im Dock. Schließlich reichte auch das nicht mehr aus. Es wurde klar, dass die Bark ohne eine umfangreiche Restaurierung keine Zukunft haben würde. Aufgrund eines lecken Rumpfes mussten 2017 bereits bis zu 150m³ Wasser aus dem Schiff gepumpt werden um es überhaupt schwimmfähig zu halten. Im Grunde wurde die Seute Deern kaputt gespart. Das Deutsche Schifffahrtsmuseum hatte nie die Mittel die marode Bark dauerhaft zu erhalten.
Große, teure Pläne in einer klammen Stadt
Ende 2017 empfahl der Arbeitskreis zur Rettung des maroden Schiffes, wohl unter tatkräftiger Beteilung von Touristikern, die Bark an ihrem derzeitigen Liegeplatz in einer Art gläsernen Werft aufwändig zu sanieren. Kosten, rund 32,6 Millionen Euro. Geldgeber – offen, das Museum selbst hatte für die Sanierung keine Mittel. Ein Luftschloss und das ist es auch geblieben.

Havarien ohne Ende
Das Jahr 2019 wurde zum Desaster für die Seute-Deern. Am 15. Februar 2019 geriet das Vorschiff in Brand. Erst in den Morgenstunden des Folgetages konnte das Feuer, in einem Hohlraum zwischen Außenwand und Innenraum, unter Kontrolle gebracht werden. Sowohl das Feuer, als auch die Löscharbeiten beschädigten das ohnehin baufällige Schiff weiter. Das Restaurant musste schließen.
Ende August folgte die nächste Havarie, die Pumpen fielen aus, die Seute Deern versank im Hafenbecken. Ein Kentern konnte gerade noch vermieden werden – der Kiel setzte im auf dem Grund auf. Erst drei Wochen später, wurde die Bark gehoben und mit tatkräftiger Unterstützung von Pumpen wieder schwimmfähig gemacht. Im November dann die nächste Havarie, aus einem defekten Generator trat Diesel aus. Es bildete sich ein 150m langer Ölteppich. Die Feuerwehr musste anrücken, Barrieren wurden errichtet.
In der Zwischenzeit machte man sich Gedanken ob der Holzfrachter doch noch saniert werden kann. Man ließ ein Gutachten erstellen. Nachdem dies (offensichtlich) nicht das erhoffte, unbekannte Ergebnis lieferte, folgte ein zweites Gutachten. Die Seute Deern ist nicht mehr zu retten. Jetzt hatte man es schwarz auf weiß. Die Bark ist so marode, sie würde wohl auf dem Weg ins Dock auseinanderbrechen. Das Ende der Seute-Deern.
Kosten ohne Ende
Die große Frage ist, welche Kosten sind allein im Jahr 2019 durch die Seute-Deern entstanden. Da wären einmal die Pumpen, die das Wrack überhaupt schwimmfähig halten. Zuletzt sollen sechs Pumpen 390m³, 390.000 Liter Wasser pro Tag außenbords befördert haben was 100.000 Euro pro Monat gekostet haben soll. Dazu kommen die Aufwendungen für Feuerwehr, Polizei und THW zur Brandbekämpfung, Sicherung und Ölbeseitigung. Weiterhin zwei Gutachten zur Zukunft der Seute-Deern erstellen, Kostenpunkt unbekannt. Auch die Bergung des gesunkenen Schiffs war teuer. Im September wurden dafür 1,1 Millionen Euro veranschlagt. Nun der „Rückbau“ – was dieser letztendlich kosten wird, ist noch unklar. Allein die Vorbereitung schlägt bereits mit 600.000 Euro zu Buche. Das die Seute Deern möglicherweise mit Schadstoffen belastet ist, wird die Sache nicht verbilligen.
Das Versagen der Verantwortlichen muss aufgebarbeitet werden.

Rekonstruktion mit alten Teilen
Der Bund hat für die Rekonstruktion und für andere Erhaltungsmaßnahmen im Museumshafen 47 Millionen Euro zugesagt. Was genau mit dem Geld passieren wird ist aber bis heute unklar. Eine Rekonstruktion des Schiffes, in welcher Form auch immer, ist derzeit die wahrscheinlichste Variante. Dabei sollten dann auch die verbliebenen Originalteile verwendet werden. Ob das neue Schiff aber jemals schwimmen wird ist vollkommen offen. Auch wie eine neue Seute Deern dann intakt gehalten werden soll. Mit maroden, nicht Instand gehaltenen Objekten kenn man sich in Bremerhaven bekanntlich aus. Zahlreiche Kajen sind seit Jahren einsturzgefährdet und gesperrt.
siehe auch:
- Das Schicksal der Seute Deern ist besiegelt
- Bremerhaven: Neues von der Seute Deern
- Bremerhaven: Jetzt ist die Seute Deern gesunken
- Feuer auf der Seute Deern,
Quellen & Verweise:
- Seute Deern in der Wikipedia
- Nord24: Erste Bilder vom Schaden unter Deck (02-2019)
- Nord 24: Brandermittler nehmen „Seute Deern“ unter die Lupe (02-2019)
- Nord 24: Wir können für die ‚Seute Deern‘ heute Nacht nichts mehr tun“ (08-2019)
- Nord 24: Senatorin stellt Geld für Bergung der „Seuten Deern“ bereit (09-2019)
- Nord 24: Morgen wird das Wasser aus der „Seuten Deern“ abgepumpt (09-2019)
- Nord24: Die „Seute Deern“ schwimmt wieder (09-2019)
- Nord24: Seute Deern“ soll in Glaskasten gestellt werden (10-2017)
- Nord24: „Seute Deern“ Diesel tritt aus (11-2019)
- butenunbinnen: So soll die Seute Deern abgewrackt werden (12-2019)
- butenunbinnen: Abriss – allein die Vorbereitung kostet 600.000 Euro (01-2020)
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