Die hässlichen Dolomiten in den Beinen, das grauenhafte Allgäu in den Füßen und (jetzt wirklich) schreckliche Après-Ski Ohrwürmer in den Ohren – was liegt da näher als die Alpen endlich wieder zu verlassen? Vor allem wenn man noch Urlaub hat, das Skifahren liebt und gerade bei besten Schneeverhältnissen vor Ort ist. Egal, ab ins Auto, 800km gen Norden gefahren um ein Land zum Skifahren zu besuchen, dessen höchster Hügel nicht einmal halb so hoch liegt wie die letzte Unterkunft in den Alpen (Hörnerhaus, Bolsterlang ~1.400m).
Die Rede ist von Belgien und seinen kleinen, exotischen Skigebieten in den östlichen Ardennen. Denn hier liegt gerade ausreichend Schnee für den Liftbetrieb. Da dieser Fall nicht besonders häufig ist, haben wir keine Wahl. Auf ins Land der Pommes Frites.

Ovifat – Fischvenn
Belgiens größtes Skigebiet
Das Skigebiet Ovifat ist das größte in Belgien und liegt etwa 600m hoch. Es gibt drei Abfahrten, grün (entspricht einer leichten blauen Piste), blau und rot von bis zu 700m Länge zuzüglich Varianten, bis auf eine Ausnahme sehr flach. Insgesamt drehen sich hier vier Liftanlagen. Allesamt Stangenschlepper, davon einer sogar kuppelbar, ein High-Speed Schlepplift sozusagen. Sowas gibt es im deutschsprachigen Raum so gut wie gar nicht und genau deshalb sind wir hier.

Immerhin liegt Schnee
Liftbetrieb und eine akzeptable Schneelage garantierten uns das Internet (Webcams gibts nicht) sowie die Bestätigung zweier bekannter, die am Vortag das Vergnügen hatten. Zu meinem Glück zeigten sich am Morgen erste Anzeichen eines Wärmeeinbruchs. Entsprechend zeigte sich das Wetter von meiner vermeintlichen Lieblingsseite: Temperaturen leicht über dem Gefrierpunkt, Sprühregen und Nebel. Dementsprechend aufgeweicht und pappig sollten sich die Pisten präsentieren …
Schon die Anfahrt, hinter der Deutsch-Belgischen Grenze ist ein Traum. Nebel, Nieselregen und vor allem kein Schnee. Wer denkt hier ans Skifahren? Kurz vor Ovifat wird es dann endlich weiß. Der Schnee ist zwar nass aber in ausreichender Menge vorhanden, der Nebel hat sich nicht aufgelöst – aber man kann Skifahren. Ziel erreicht.
Zunächst gilt es, einen Liftpass (10€ 18 Fahrten) und eine Zugangsberechtigung für das Gelände zu kaufen (1,50€) – wird sicher jeder aus den anderen belgischen Skigebieten kennen… Anschließend geht es durch das Kabelwirrwar der Bergstationen, vorbei an der schmucken Cafeteria mit Campingsplatzcharme, auf die Piste.

Keine Pistenpräparierung in Belgien
Eine Skipiste ist in Belgien ein schneebedeckter Hang der von einem Lift erschlossen wird. Einen Luxus wie Pistenpräparierung leistet man sicht nicht. Da seit dem letzten Schneefall schon einige Tage verstrichen sind, ist der Pistenzustand entsprechend. Die flachen Hänge der grünen und blauen Piste sind aber halbwegs gut fahrbar, vor allem da der hiesige Lift zunächst als einziger lief. Sowohl der parallele, kuppelbare Schlepplift, als auch der an der roten Piste standen zunächst noch still. Wenig später ging dann die dortige Klapperkiste in Betrieb, was etwas Abwechslung verschaffte.
Abenteuerliche Pistenverhältnisse
Was uns dann erwartet hätten wir uns selbst in unseren kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Was oben noch eine fahrbare Piste ist, wird unten, dort wo es richtig steil wird, eine von Schnee und Fahrwegen durchsetzte Matschwüste. Irgendwie kommt man zwar durch das Desaster, mit viel guten willen und Gott sein Dank alten Ski. Abenteuerlich!
Zeittotschlagen in der Cafeteria
Anschließend legen wir eine kurze Pause ein. Wie wir erfragt haben geht der kuppelbare Schlepplift gegen Mittag in Betrieb. Die Zeit bis dahin schlagen wir nicht auf den auf Dauer langweiligen Pisten tot, sondern wärmen uns in der urigen Cafeteria auf. Zur Stärkung gibts ein Croque Mosnsieur, ein mit Käse und Schinken überbackenes Toast – naja. Wie alles an diesem Tag war das Essen furchtbar schlecht. Das es am Ende trotzdem ein super Tag war ist kein Widerspruch! Alles eine Frage der Lebenseinstellung.

Endlich, kuppelbarer Stangenschlepplift
Dann endlich tut sich etwas. Der Liftler wird nach unten gefahren – skifahren kann in Belgien natürlich nicht jeder. Wir fahren gleich hinterher. Das Abenteuer beginnt.
Ein kuppelbarer Schlepplift, kurz KSSL ist ein natürlich ein Schlepplift, ein Tellerlift genauer gesagt. Anders als herkömmliche Schlepper ist das Gehänge jedoch nicht fix am Seil montiert sondern wird vom Liftler, an der Talstation an das laufende Seil geklemmt. Während sich der Schleppteller bereits zwischen den Beinen des Fahrgastes befindet. Wenige Augenblicke nachdem das Gehänge am Seil ist, geht es los. Kickstart – der Lift läuft nämlich etwa mit der doppelten Geschwindigkeit eines normalen Schleppers. Eine Mordsgaudi aber auch verdammt unbequem. Die ruppingen Kickstarts habe ich noch einige Tage später gespürt.
Nach einigen Fahrten hieß es dann Abschied nehmen von dieser grün-weißen Wiese und weiter zur nächsten. Die heutigen Schneeverhältnisse und das Tauwetter haben sicherlich ebenso wie die belgische Mentalität zu diesem abenteuerlichen Skitag beigetragen. Es muss nicht immer alles perfekt sein! Bei mehr Schnee und kälterem Wetter kann man hier sicher besser Skifahren. Uns wars egal, wir waren nicht vorrangig zum Skifahren hier – und ja, es war toll! Ovifat ist ein Skigebiet das es nicht zweimal gibt. Anschließend fahren wir weiter nach Baraque de Fraiture. Das Belgische Skiabenteuer ist noch nicht vorbei.

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