Am deutschen Nationalfeiertag hatte ich mir zum Ziel gesetzt, den Lehrpfad Morteratschgletscher im Engadin zu begehen. Der leichte Wanderweg führt durch das herbstliche Morteratschtal, immer die eisgepanzerten Gipfel der Berninagruppe im Blick, bis zum Eisrand des mächtigsten Eisstroms der Ostalpen – dem Morteratschgletscher.
Titelbild: Der Festsaal der Alpen. Im Vordergrund das herbstlich bunte Tal, dahinter die mächtige Zunge des Morteratschgletschers. Hinten die eisgepanzerte Berninagruppe mit den höchsten Gipfeln der Ostalpen, allen vorran dem Piz Bernina (hinten rechts 4.049m). Das Nährgebiet des Eisstroms.
Hochgebirgswanderung zum „ewigen Eis“
Ausgangspunkt der Wanderung ist der kostenpflichtige Parkplatz (1 CHF/Stunde) am Haltepunkt Morteratsch der Berninabahn (~1.890m). Von hier aus führt der Pfad, durch das Gletschervorfeld zum derzeitigen Ende der Gletscherzunge (~2.200m) . Der Lehrpfad misst etwa vier Kilometer in der Länge. Die Haltepunkte des Lehrpfades sind gekennzeichnet, zur Beschreibung der einzelnen Punkte wird ein separates, Buch benötigt. Dies habe ich mir gespart. Ich bin an der Thematik interessiert und entsprechend eingelesen.
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Der Lehrfpfad führt zunächst durch Lärchenwald der langsam lichter wird, später durch niedrigen Baumbestand und schließlich durch eine Geröllwüste zur Zunge des Morteratschgletschers. Das Wetter ist grandios, die Kulisse überwältigend – kann es einen schöneren Ort auf der Welt geben?
150 Jahre Gletscherschmelze – und kein Ende in Sicht
Seit dem Höhepunkt der kleinen Eiszeit, um 1850, zieht sich der Gletscher zurück. Mal schneller, mal langsamer. Auch die gletschergünstigen, kühlen Phasen Anfang des 20. Jahrhunderts und in den 70er Jahren konnten den Schwund des Eises nur verlangsamen. Seit der Jahrtausendwende hat das Tempo der Gletscherschmelze ein noch nie dagewesenes Tempo erreicht. In den letzten Jahren ist die Zunge um mehr als 50 Meter pro Jahr zurückgeschmolzen.
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Kaum zu glauben – bis in dieses Wäldchen reichte das Eis noch vor 100 Jahren. Bis heute hat sich der Morteratschgletscher mehr als zwei Kilometer von dieser Stelle zurückgezogen – und das Schmelzen geht unaufhaltsam weiter. Zeitreise zum Eisrand
Die Wanderung zur Gletscherzunge ist auch eine Zeitreise. Das Leben kehrt ins einst vom Eis bedeckte Gelände zurück. Führt der Wanderweg zunächst noch durch dichten Bergwald, so wird dieser mit jedem Meter talaufwärts lichter, weicht einer von Bäumen durchsetzten Gerölllandschaft. Je näher der Eisrand rückt, desto kleiner werden die Bäume, verschwinden schließlich ganz, machen platz für lichtes Buschwerk. Bis schließlich nichts als Schutt und Geröll, vom Eisstrom hierher transportierte Findlinge bleiben.
Trotz des Gletscherschwundes, die Zunge des Morteratsch ist immer noch ein eindrucksvolles Naturwunder. Der Pinz Bernina, mit 4.049m Seehöhe der höchste Berg der Ostalpen. Rechts der berühmt-berüchtigte Biancograt. -
Durch grandiose Herbstkulisse zur Gletscherzunge
Nur wenige Meter hinter der Station Morteratsch findet sich die Endmoräne aus der kleinen Eiszeit. Dieser kleine Erd- und Geröllwall markiert den neuzeitlichen Maximalstand des Morteratschgletschers. Heute ist das Eis von hier aus gar nicht mehr zu sehen. Dichte Vegetation versperrt den Blick. Vor 150 Jahren lag praktisch der gesamte Wanderweg noch unter Eis begraben. Eindrucksvoll kann man hier heute erleben, wie schnell sich die Pflanzenwelt neue Lebensräume erschließt. Schautafeln auf der Wegstrecke zeigen an, wo sich der Eisrand in welchem Jahr befunden hat.
Je näher die Gletscherzunge rückt, desto besser wird der Blick auf der „ewige Eis“. Die Felsinsel in der Zunge gibt es erst seit wenigen Jahren. Am linken Bildrand mündet der Persgletscher in den Morteratsch ein. Der Gletscher rückt näher
Anschließend wir der Wald lichter. Es geht durch buten Oktoberwald mit Blick auf die trotz massiven Schwundes sehr mächtig wirkende Gletscherzunge zum Eisrand. Der Morterratschgletscher selbst ist heute der drittlängste Eisstrom der Ostalpen (nach Pasterze und Gepatschferner) und einer der bekanntesten der Schweiz.
Rückblick vom Eisrand des Morteratschgletschers in Richtung Talausgang. Es ist deutlich zu erkennen wie das Leben das Gletschervorfeld Stück für Stück erobert. Am Eisrand
Dann stehe ich unmittelbar vor dem Eisrand. Eindruckvoll. Vom Gletcher her weht eine frische Brise, überall plätschert und rumpelt es. Das Eis ist von einer schmutzigen Rinde bedeckt. Ruß, Staub, Pollen – allerlei Dreck aus der Luft aus den letzten Jahrhunderten. Strahlend blaues oder weißes Eis findet sich nur an frischen Abbruchkanten. Bevor ich mich auf den Rückweg mache kraxle ich noch ein wenig am und auf dem Eisrand herum oder halte einfach nur inne, lasse die Gedanken kreisen – aber das ist eine Geschichte die ich ein andern mal erzählen werde.
Bald ist der Rand der Gletscherzunge erreicht. Noch vor 2 Jahren reichte das Eis bis hierher. Auch den Felsen in der Mitte der Gletscherzunge gab es noch nicht. Der Morteratschgletscher zieht sich in hohem Tempo zurück und verliert dabei auch massiv an Eisdicke. Tolle Wanderung und ein Wahnsinnserlebnis
Ich kann den Gletscherpfad wirklich jedem nur empfehlen. Auch wenn der Pfad (ein Weg) kaum mehr als 4km misst, kann man für diesen je nach dem wie viel Zeit für staunen und entdecken eingeplant wird, locker 5-6 Stunden „verbrauchen“. Leider verlängert sich der Weg jährlich dutzende Meter. Die ausapernden Felsen deuten an, dass sich die Zunge in wenigen Jahren hinter eine Geländestufe zurückziehen wird. Es bleibt nicht mehr viel Zeit.
Der Klimawandel ist Realität. Unserer Politiker und wir selbst sind zu feige die Klimakatastrophe wirksam zu bekämpfen. Leider ist es für die Alpengletscher ist es ohnehin zu schon zu spät. Der Moteratschgletscher ist schon dem Tode geweiht.
Verweise:
siehe auch
- Morteratschgletscher 2002 (extern)- ähnliche, bebilderte Tour auf dem Blog „Mogli Foto & Travel Stido Wennigsen“
- Glaciers online (extern)- Weiterführende Informationen zum Morteratschgletscher
Shocking – unsere Unfähigkeit zu handeln. Und da wird „die kleine Schwedin“ noch von deutschen Möchtegern-Politikern ge-bashed.
Es muss wohl erst der ganze lose Schotter den Berg runter kommen („Der Berg ruft.“).
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So ist es! Natürlich ist Greta streitbar, mit Sicherheit wird sie auch instrumentalisiert – das ändert nur nicht an dem Fakten die sie präsentiert. Viel Schlimmer als die Tatsache, dass die Politik nicht in der Lage ist das Klima wirksam zu schützen, finde ich, wie du schon ansprichst, die Möchtegernpolitiker. Alles besser wisssen, Wissenschaft anzweifeln, leugnen, trollen und so weiter. Ganz traurige entwicklung. Heute kann leider jeder Gehirnamputierte seine „Meinung“ irgendwo verbreiten. Das wird vermutlich irgendwann noch böse Enden.
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